Denkmal Militarismus

Stehender Soldat, Münster

von Leah Niederhausen

Der Zweite Weltkrieg in all seiner Schrecklichkeit ist so omnipräsent in einem deutsch-europäischen Gedächtnis und öffentlichen Raum, dass andere Gräueltaten des 20. Jahrhunderts oftmals in den Hintergrund geraten. Insbesondere der Erste Weltkrieg ist nicht immer Teil des gesellschaftlichen Diskurses. Dabei gibt es heute noch über 100.000 Denkmäler in Deutschland, die an den Ersten Weltkrieg erinnern. Eins davon ist das Kriegerehrenmal „Stehender Soldat“ im Münsteraner Schlosspark.

DAS EHRENMAL

Auf einem rund drei Meter hohen Sandsteinblock steht aufrecht die lebensgroße Statue eines Soldaten in Uniform, Mantel und Stahlhelm. Beide Arme auf sein Gewehr gestützt ist er mit charakteristischen deutschen Kriegsattributen dargestellt; Patronenbündel, Lorbeerkranz (dem typischen Symbol für besondere Ehre, Triumph und Sieg) und dem Eisernen Kreuz (Orden, verliehen für den Einsatz im ersten Weltkrieg). Auf dem steinernen Sockel steht geschrieben:

„1914 – 1918 / Unseren gefallenen Kameraden / zum ehrenden Gedächtnis / 2. Westf. Feldartillerie-Regiment Nr. 22 / Ob auch alles um uns sank / Lasst uns nicht entarten! / Haltet Schwert und Ehre blank! / Unsere Toten warten“

Unterhalb ist eine Bronzetafel angebracht, die auch gefallen deutschen Soldaten des Zweiten Weltkriegs gedenkt.

DIE ENTSTEHUNG

Das Ehrenmal wurde vom im Münsterland tätigen Bildhauer Alexander Frerichmann (1887 – 1960) geschaffen und 1923 von der Stadt Münster eingeweiht. Die Erinnerungstafel anlässlich des Zweiten Weltkriegs wurde 1983 hinzugefügt. In seinem Fokus auf deutschem Ehrgefühl und Militarismus glorifiziert das Ehrenmal die gefallen Soldaten als Helden und stellt den verlorenen Ersten Weltkrieg nicht als Zäsur dar, sondern als Aufruf um „Schwert und Ehre blank“ zu halten und den Kampf fortzusetzen.  Der „Stehende Soldat“ ist ein Ehrenmal für den Stolz der Helden, kein Denkmal für die Trauer um die Opfer. Dazu passt auch die Position des Ehrenmals im prestigeträchtigen Schlosspark Münsters.

DER HINTERGRUND

Der Erste Weltkrieg (1914 – 1918) gilt als „Urkatastrophe“ (George F. Kennan) des 20. Jahrhunderts, der alles Folgende bis heute maßgeblich prägt, auf politischer, wirtschaftlicher und gesamtgesellschaftlicher Ebene. Das Attentat auf den österreichisch-ungarischen Thronfolger Franz Ferdinand 1914 nahmen die europäischen Großmächte zum Anlass, bereits zuvor schwelende Konflikte um Status und Gebietsansprüche militärisch anzugehen. Insbesondere das Deutsche Kaiserreich um Kaiser Wilhelm II (1859 – 1941) war dabei wesentlich für Kriegsbeginn und -verlauf verantwortlich. Nie zuvor waren so viele Soldaten in den Krieg gezogen worden und die grausamen Gefechte in Schützengräben machen den Ersten Weltkrieg heute zum Symbol sinnlosen Tötens. Insgesamt starben im Ersten Weltkrieg weltweit rund 15 Millionen Menschen.

DAS REFRAMING

1987 wurde das Ehrenmal im Rahmen der Münsteraner Skulpturprojekte von der US-amerikanischen Künstlerin Jenny Holzer (*1950) reframed. Die Skulpturprojekte sind eine international renommierte Großausstellung, die seit 1977 alle zehn Jahre Künstler:innen nach Münster einlädt, um die Stadt selbst als Ausstellungsfläche zu nutzen. Dabei werden sowohl neue Skulpturen installiert als auch bereits bestehende rekontextualisiert. Jenny Holzer befestigte dafür fünf Sandsteinbänke um den „Stehenden Soldaten“, die mit englischsprachigen Sprüchen versehen sind, wie „No one ever knows what to do“. Die Bänke laden zum Innehalten und Reflektieren ein, die simplen Sprüche versinnbildlichen die Banalität des Krieges und die englische Sprache bricht mit dem rein deutsch-nationalistischen Fokus des Ehrenmals. Nach den Skulpturprojekten 1987 kaufte die Stadt Münster Abgüsse von zwei der Bänke, die noch heute an das Ehrenmal verbunden sind.

QUELLEN

https://www.monumente-online.de/de/ausgaben/2015/1/fuer-die-so-im-kampfe-blieben.php

htttps://www.heimatverein-senden.de/persoenlichkeiten-alexander-frerichmann

https://www.stadt-muenster.de/kriegerdenkmale/zum-ersten-weltkrieg/stehender-soldat

https://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=123&url_tabelle=tab_medien

https://www.skulptur-projekte-archiv.de/de-de/1987/projects/15/

https://www.bpb.de/themen/erster-weltkrieg-weimar/ersterweltkrieg/

https://www.muenster.de/skulptur_projekte.html