Denkmal Kolonialismus

Bremer Elefant

von Katha Kempf

Das steckt hinter der Geschichte des Steinkoloss, der einst den gefallenen Soldaten in deutschen Kolonien während des Ersten Weltkriegs zu Ehren aufgestellt, doch mittlerweile zu einem Anti-Kolonial-Denkmal umgewidmet wurde.

DAS DENKMAL

Der wuchtige Backsteinbau in Form eines Elefanten wurde 1931 nach Entwurf des Berliner Bildhauers Fritz Behm unter Leitung des Bremer Architekten Otto Blendermann als „Reichskolonial-Ehrenmal” erbaut. Auf einer 15×11,20 Meter großen und 1,50 Meter hohen Sockelstufe erreicht der steinerne Dickhäuter eine Höhe von 10 Metern. Im hohlen Unterbau befindet sich eine Art Krypta, die durch einen Eingang an der Kopfseite des Monuments betreten werden kann. In dem Hohlraum befindet sich ein Tisch aus Stein, auf dem ein Buch mit den Namen von 1.490 im Ersten Weltkrieg gefallenen Kolonialkriegern lag, womit diese symbolisch unter „afrikanischem Boden“ liegen sollten.

DER HINTERGRUND

Nachdem Deutschland den selbstentfachten Ersten Weltkrieg verloren hatte, besaß es im Jahr 1931 keine Kolonien mehr in afrikanischen Ländern. Das bedeutete gerade für Hafenstädte wie Bremen einen erheblichen wirtschaftlichen Verlust. Daraus entstand in der Arbeitergesellschaft die Forderung, die Ausbeutung der kolonialen Gebiete (Kamerun, Togo, Deutsch-Ostafrika, heutiges Tansania, Burundi, Ruanda und Deutsch-Südwestafrika, heutiges Namibia) wiederaufzunehmen. Um diese Forderung plakativ und öffentlichkeitswirksam zu verdeutlichen, bestanden vor allem nationale Kräfte auf die Errichtung eines Kolonial-Denkmals. Der Bau des „Reichskolonialehrendenkmals“ – so die offizielle Bezeichnung – wurde im September 1926 von der kolonialen Arbeitsgemeinschaft Bremen beantragt und 1932, ein Jahr vor der Machtübernahme der NSDAP, offiziell eingeweiht. In der Gesellschaft der relativ weltoffenen Hansestadt war der Bau bereits damals umstritten, da das Denkmal schließlich nicht nur gefallene Soldaten ehren sollte, sondern auch für die Unterdrückung und Ausbeutung der einheimischen Bevölkerung in deutschen Kolonien stand.

Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet das Kolonialdenkmal in Vergessenheit, da nun dem Kolonialgedanken deutlich weniger Bedeutung  zugemessen wurde. Das Denkmal hatte aufgrund seines hohlen Innenraums nur noch praktische Zwecke. Bspw. diente er als Aktenarchiv für Bremer Behörden, später wurde er auch als Abstellraum für Gartengeräte wie Rasenmäher genutzt.

DIE UMWIDMUNG

Infolge der Anti-Apartheid-Bewegung in Deutschland und der europäischen Initiative „Städte gegen Apartheid“, wurde 1989 die Umwidmung des Denkmals beschlossen. Nach einer erstmaligen Restaurierung erfolgte die Umwidmung offiziell am 18.Mai 1990 in Folge der in diesem Jahr erlangten Unabhängigkeit Namibias. Das große „Namibia-Freiheitsfest“, das an diesem Tag stattfand, wurde vom damaligen Bürgermeister Klaus Wedermeier eröffnet: „Kein Kontinent unserer Erde ist durch den europäischen Kolonialismus derart zerstückelt, ökonomisch und ökologisch zerstört und in seiner Identität verletzt worden wie Afrika.“ Seit diesem Tag steht das Denkmal für Gleichheit und Gerechtigkeit und als Mahnmal gegen Rassismus, Unterdrückung und Ausbeutung.

2008 wurde der Elefant unter Denkmalschutz gestellt und dessen Pflege im folgenden Jahr dem gemeinnützigen Verein Der Elefant! übertragen, der zu “Vielfalt, Toleranz und Kreativität durch Bildung, Kunst und Kultur” beitragen will. Im Zuge einer erneuten Sanierung wurden auch Elektrik und Scheinwerfer im Inneren des Steinkoloss installiert. „Das Denkmal sollte schließlich nicht nur herumstehen, sondern das Thema Kolonialzeit auch wach halten” (Gudrun Eickelberg, Mitgründerin von Der Elefant!). Seit 2009 organisiert der Verein kleine Veranstaltungen wie Theaterstücke, Lesungen und Vorträge im Inneren des Elefanten. Der Big-Five-Gigant mit seiner zentralen Lage ist also auch eine stetige Erinnerung an die Verantwortung für die Aufarbeitung der Kolonialzeit und ihrer bis heute folgenden Probleme.

2010 wurde der Elefant darüber hinaus Partizipant einer Performance der Bremer Künstlerin Gertrud Schleising. Mit einer Leiter erklomm sie das Monument, im Gepäck einen zehn Meter langen Schal aus aneinander genähten Flaggen afrikanischer Länder. Dabei flüsterte sie dem Koloss etwas ins Ohr. Was es war, ist bis heute ein Geheimnis.

Der Elefant erlangte 2013 mediale Aufmerksamkeit, als der Satiriker Jan Böhmermann einen Kurzfilm über seine Heimatstadt Bremen drehte, der wie eine Folge der ‚Die drei ???‘ anmutet. Er geht dort der Frage auf den Grund, inwiefern seine Vorfahren in Kolonialgeschäfte verstrickt waren. Dabei stößt er auf einen ominösen Edelstein, der bei weiteren Recherchen in geheimnisvollem Zusammenhang mit dem Bremer Elefanten zu stehen scheint und den Schluss suggeriert, dass in dem Backsteinbau afrikanische Blutdiamanten versteckt seien. Gudrun Eickelberg, Vorsitzende des Vereins Der Elefant! bestätigte jedoch, dass es sich dabei nur um ein Gerücht handele. 2016 wurde das Tier erneut ausgiebig restauriert und im Februar 2017 im 2014 eingeweihten Nelson-Mandela-Platz feierlich enthüllt, gemeinsam mit einer Bronzetafel mit erklärendem Text.

DIE QUELLEN

Levin, Pia: Wie wurde der Bremer Elefant zum Anti-Kolonial-Denkmal? 2021.

https://blogs.uni-bremen.de/europablog/2021/09/07/wie-wurde-der-bremer-elefant-zum-anti-kolonial-denkmal/. Letzter Zugriff am 29.05.2022.

Weisser, Mike & Ralph Saxe: Der Elefant als ehemaliges Reichs-Kolonialdenkmal. 2008.

http://der-elefant-bremen.de/historie/kolonialdenkmal.html. Letzter Zugriff am 29.05.2022.

Bremen Sehenswert: Anti-Kolonial-Denkmal „Elefant“. https://www.bremen-sehenswert.de/anti-kolonial-denkmal-elefant.htm. Letzter Zugriff am 29.05.2022.

Bremen.de: Antikolonialdenkmal. https://www.bremen.de/tourismus/antikolonialdenkmal. Letzter Zugriff am 29.05.2022.

Kristian Klooß: Was Jan Böhmermann und Blutdiamanten mit dem Denkmal-Tag zu tun haben. 2019. https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/tag-des-offenen-denkmals-antikolonialdenkmal-elefant-100.html. Letzter Zugriff am 29.05.2022.