39er Denkmal, Kriegerdenkmal, Düsseldorf Golzheim, Reeser Platz
Katharina Kempf
Das Kriegerdenkmal am verwaisten Reeser Platz in Düsseldorf-Golzheim wurde 1939 eingeweiht und sorgt bis heute für politische Kontroversen und Debatten. Es steht unter Denkmalschutz, aber es gibt Pläne zur künstlerischen Umgestaltung, wofür bereits ein Wettbewerb stattfand. Der Siegerentwurf stieß jedoch auf scharfe Kritik.
Das Denkmal
Das Kriegerdenkmal am Reeser Platz in Düsseldorf-Golzheim wurde 1939 eingeweiht und ist den gefallenen Soldaten des Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39 gewidmet. Es besteht aus einer schmucklosen Muschelkalkwand mit einem vergitterten Tor, an dem ein Eisernes Kreuz befestigt ist. Auf beiden Seiten des Tores sind Soldaten in Kriegsmontur und mit geschulterten Gewehren dargestellt, die in Reih und Glied in die Schlacht ziehen. Über dem Tor ist die Inschrift “Für des deutschen Volkes Ehre und Freiheit” zu lesen. Während des Zweiten Weltkriegs wurden die Namen überfallener Städte in das Denkmal eingemeißelt. Rechts daneben wurde eine Metalltafel aufgestellt, die das Denkmal einordnet. Der Text wurde an einigen Stellen durch Kratzer beschädigt.
Hintergrund
Das Kriegerdenkmal ist den gefallenen Soldaten des Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39 gewidmet, einem zuletzt in Düsseldorf-Derendorf stationierten Verband der Königlich Preußischen Armee bzw. des Deutschen Heeres. Bereits zwei andere Denkmäler waren für die 39er Füsiliere errichtet worden, bevor das 39er-Denkmal am Reeser Platz 1938 erbaut und ein Jahr später eingeweiht wurde: eines am Aaper Wald im Jahr 1893 und ein anderes in der Nähe der heutigen Düsseldorfer Tonhalle im Jahr 1928, das jedoch später wegen Protesten und Auseinandersetzungen zerstört wurde. Noch während dieser Auseinandersetzungen begann der Denkmalausschuss der 39er, Geld für ein neues Denkmal zu sammeln. 1932 entschied sich der Ausschuss für das Modell, das von den Architekten Klophaus und Tachill entworfen worden war. Das Denkmal sollte ein Andachtstreffpunkt für die Angehörigen des 39er Regiments werden. Die Architektur und die Symbolik des Denkmals legen nahe, dass es sich um ein Nazi-Denkmal handelt, obwohl das nicht der Fall ist. Zumindest war es ursprünglich keins, wurde aber aus dem Ungeist der sich bereits ankündigenden NS-Zeit geboren und unter einem großen Nazi-Aufgebot eingeweiht. Die geografische Ausrichtung des Denkmals zum Rhein drückte den Revanche-Gedanken an Frankreich aus. In der Forschung gilt das Denkmal überwiegend als ein Dokument der nationalsozialistischen Erinnerungskultur der späten 1930er Jahre in Deutschland.
Das Problem mit Kriegerdenkmälern
Kriegsdenkmäler wurden errichtet, um Soldaten und „Kriegshelden“ zu ehren, die im Namen ihres Landes gekämpft haben und gestorben sind. Sie stellen eine einseitige Perspektive auf den Krieg dar und vernachlässigen die Schäden und Opfer, die er verursacht hat. Dass kann zu einer Verherrlichung von Gewalt und Krieg sowie Glorifizierung und Rechtfertigung der Vergangenheit führen. Außerdem wird so der Anschein erweckt, als sei Krieg eine legitime Lösung für politische Konflikte, indem Einzelschicksale für politische Propaganda instrumentalisiert werden. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, welche Geschichten erzählt werden und welche nicht.
Reframing
Seit der Errichtung gibt das umstrittene Denkmal Anlass für zahlreiche politische Kontroversen. Bereits in der Nachkriegszeit wurde der Erhalt des Denkmals in Frage gestellt, blieb jedoch unangetastet. Seit 2002 steht es unter Denkmalschutz. Die für den Stadtteil zuständige Bezirksvertretung 1 hatte 2015 mehrheitlich beschlossen, ein alternatives Denkmal auf dem Reeser Platz aufzustellen. Daraufhin wurde die Kunstkommission der Stadt Düsseldorf damit beauftragt, über die Auslobung eines Wettbewerbs einen angemessenen Umgang mit dem Platz und seinem Denkmal zu entwickeln. 2019 wurde schließlich der Wettbewerb für Ideen einer künstlerischen Umgestaltung ausgeschrieben. Gewünscht war eine pointierte, signifikante und kritische künstlerische Kommentierung des Denkmals. Von den anfänglich 67 Einreichungen wurde der Entwurf “Those who have crossed” zum Siegerentwurf gekürt (ULTRASTUDIO: Lars Breuer, Sebastian Freytag, Christian Heuchel, Guido Münch, Jürgen Wiener) Das zentrale Element bildet eine 50 Meter lange Brücke aus Stahl, die wie ein Querriegel über das Denkmal hinaus bis auf den Vorplatz reicht und das Denkmal somit „durchstreicht“. Es verbindet die hintere Parkanlage mit dem Vorplatz und durchkreuzt dessen Gradlinigkeit. Auf diese Weise sollen sich neue Blickwinkel ergeben, einerseits nach unten, rückblickend auf die Historie, andererseits nach oben, befreiend. Die skulpturale Architektur des Entwurfs soll “die gebrochene Funktionalität und Uneinheitlichkeit des Platzes überwinden […] und einen neuen Erfahrungsraum eröffnen”, so der Erläuterungstext des Entwurfs. Der Titel “Those who have crossed” zitiert eine Zeile aus dem Gedicht “The Hollow Men” von T.S. Eliot von 1925, das sich mit dem seelischen Zustand Europas nach dem Ersten Weltkrieg auseinandersetzt. In einer Sondersitzung am 28. Mai 2020 im Stadtmuseum tagte die Bezirksvertretung 1 und sprach sich dafür aus, den gekürten Siegerentwurf auch zu realisieren. Der Entwurf stand am 4. Juni auf der Tagesordnung des Kulturausschusses und wurde am 18. Juni im Rat behandelt. Es gab jedoch massive Kritik an dem Entwurf. Ein offener Brief prominenter Künstler:innen brachte massive Kritik am Siegerentwurf vor. Ulrich Erben, Jochen Gerz, Gerhard Richter, Thomas Ruff, Gregor Schneider, Klaus Staeck und Günther Uecker unterzeichneten den von der Schriftstellerin Ingrid Bachér aufgesetzten Aufruf: „Und siehe da, unterschwellig genährt von der Vergangenheit, war sie wieder da, die Hybris der Dominanz, die kämpferische Gebärde, das versehentliche Stahlgewitter, nein Pardon, die Stahlrampe.”
Bis heute hat sich an dem Denkmal nichts getan.
Reframing Ideen
- Schaffung eines Ortes der Erinnerung
- Platzierung von Schildern, auf denen Zitate von Friedensaktivist:innen und Überlebenden stehen
- Eine Karte von aktuellen Kriegsgebieten riesengroß auf dem Boden malen (mit Kreide z.B.)
- Gitter werden durch Glas ersetzte und Innenraum wird abwechselnd für die Ausstellung zeitgenössischer Kunstinstallationen, die sich mit Krieg, Frieden und Erinnerung auseinandersetzen, genutzt.
- Was sind eure Ideen? Wie könnte der Platz genutzt werden? Wie könnte das Denkmal veränder/ ergeänzt/ reframed werden?
Quellen
http://fkoester.de/denkmaeler/39er/index.php#Entstehungsgeschichte
https://isr-planung.de/wettbewerb/wettbewerb-5/