Artikel Erinnerungsort Nationalsozialismus

Frameorial

Wer offenen Auges durch unsere Städte spaziert, passiert regelmäßig liebsame und weniger geschätzte Überbleibsel der Vergangenheit. Unter Rost, Moos und Patina verbergen sich in Stein und Metall verewigte Erinnerungen an Ereignisse, Persönlichkeiten und Gruppen vergangener Epochen. Solche Denkmäler – zu Englisch Memorials – wurden bewusst aufgestellt, um eine Würdigung zu vollziehen. Sie sollen eine Geschichte erzählen, zumeist ehren sie Werte, die den Aufsteller:innen als besonders relevant für die Gesellschaft erschienen sind: Mut, Tapferkeit, Selbstlosigkeit.

Oftmals tragen diese Denkmäler auch einen Zeitgeist in sich, der heute nicht mehr unseren Vorstellungen entspricht. Und nicht selten empfinden wir die Botschaft des Denkmals als irritierend, wenn nicht gar beleidigend für Einzelne oder ganze Gruppen. Wenn Denkmäler nicht mehr von Werten erzählen, die in unserer demokratischen Gesellschaft als wichtig wertgeschätzt werden, wenn ihr Kontext rassistisch, antisemitisch oder homophob ist, müssen wir über diese Denkmäler diskutieren.

Beseitigen oder Erhalten? Nicht immer ist die Frage nach dem Umgang mit einem Denkmal einfach zu beantworten. Nicht immer gibt es schwarz und weiß. Nicht immer ist die Beseitigung einer unliebsamen Erinnerung an unsere Vergangenheit der richtige Weg, um unserer heutigen Haltung Ausdruck zu verleihen. Denn Umgang kann auch heißen, dass wir Denkmäler aktiv als Erinnerungsorte nutzen und uns die zweifelhafte Haltung der Würdigung, oder die Schrecken eines Orts bewusst machen. Das EL-DE-Haus in Köln – einst Gestapo-Dienststelle und Gefängnis – wird heute als Museum und Gedenkstätte genutzt. Täglich werden zahlreiche Schulklassen durch die Räumlichkeiten geführt und über die Geschichte des Nationalsozialismus informiert. Das EL-DE-Haus ist eines von vielen positiven Beispielen des ‘Reframing’. Weltweit werden Denkmäler umgewidmet, in einen neuen Kontext gesetzt, ergänzt oder gerahmt. Besonders prominent ist vielen noch in Erinnerung, wie der Künstler Lars Ø Ramberg in riesigen Lettern das Wort Zweifel auf dem Palast der Republik aufstellte.

Frameorial ist ein Versuch, der Diskussion über Denkmäler einen Raum zu geben, international Beispiele zu sammeln, die einen besonders gelungenen Umgang mit Monumenten dokumentieren, zugleich aber auch jene Denkmäler in den Blick zu nehmen, die dringend eines Reframings bedürfen. Das Projekt Frameorial möchte in der Tradition Rambergs Zweifel an allzu schnellen Urteilen sähen und die Diskussion zum Umgang mit Erinnerung entfachen.