Hexengedenkstein in Düsseldorf Gerresheim
von Katha Kempf
Die Hexenverfolgung erstreckte sich über mehrere Jahrhunderte. Die geschätzte Anzahl der Opfer liegt zwischen einigen Hunderttausend und mehreren Millionen, wobei 92% der Opfer Frauen waren. Das Denkmal in Düsseldorf erinnert an die Opfer des letzten Hexenprozesses in Düsseldorf im Jahr 1738, bei dem Helene Mechthildis Curtens und ihre Nachbarin Agnes Olmanns verurteilt und auf dem Scheiterhaufen lebendig verbrannt wurden.
DENKMAL
Der Hexengedenkstein in Düsseldorf Gerresheim erinnert an den letzten Hexenprozess am Niederrhein und wurde 1989 fertiggestellt. Es steht präsent im Herzen von Gerresheim auf einer kleinen Grünfläche zwischen Dreher- und Schönaustraße. Das Denkmal besteht aus einem Block Anröchter Naturstein und wurde von der Künstlerin Gabriele Tefke gefertigt. Dargestellt ist eine Frau, die geradeaus in die Ferne blickt und mit ihren Armen den massiven Felsen umarmt, als wolle sie ihn mit ihrer Kraft sprengen und sich befreien. Auf der rechten Seite befindet sich ein Schneckenhaus. Die Schnecke, bzw. Spirale hat eine starke Symbolik mit vielfältigen Bedeutungen. Die Spirale steht für Entwicklung, die Verbindung von Leben und Tod, Kraft und Ewigkeit, die Schnecke für Geduld, Ausdauer, Schutz und Transformation.
Am Fuße des Steins ist eine Inschrift zu lesen.
DIE WÜRDE DES MENSCHEN IST UNANTASTBAR/ HELENE M. CURTENS UND AGNES OLMANNS/ IN GERRESHEIM AM 19.8.1738 VERBRANNT NACH DEM LETZTEN HEXENPROZESS AM NIEDERRHEIN/ UND FÜR ALLE GEQUÄLTEN UND AUSGESTOSSENEN
Es war eine bewusste Entscheidung der Künstlerin auf die Darstellung von Feuer zu verzichten, da die Frauen nicht auf ihren Tod reduziert und allein dafür in Erinnerung bleiben sollen. Die Finanzierung des Gedenksteins fiel preisgünstig aus. Nur 1000 Deutsche Mark, heute etwa 511 Euro, hat der Stein damals gekostet.
AGNES OLMANNS UND HELENE CURTENS
Die Opfer des Hexenprozesses in Düsseldorf waren die 16-jährige Helene Mechthildis Curtens und ihre 47-jährige Nachbarin Agnes Olmanns.
Helene berichtete im Alter von 14 Jahren in ihrem sozialen Umfeld, dass sie vom Teufel besucht werde, der ihr zeigte, wie sie an zwei Orten gleichzeitig sein könne, ihr Geschenke mache und mit dem sie außerdem Geschlechtsverkehr habe. Gutachter interpretierten ihre Aussagen als Teufelspakt und behaupteten, dass Helene von Dämonen besessen sei. Agnes Olmann wurde beschuldigt, sie mit besagtem Teufel zusammengebracht und ihren eigenen Töchtern das Hexen beigebracht zu haben. Das bestätigten Nachbar:innen, Bekannte und sogar ihr eigener Ehemann.
Helene, Agnes und zwei ihrer Töchter wurden für 1 ½ Jahre inhaftiert, wodurch sich besonders der psychische Zustand von Helene massiv verschlechterte. Sie bestätigte, dass sie übernatürliche Kräfte habe und beschuldigte Agnes der Hexerei. Agnes Olmann selbst bestand auf ihrer Aussage, dass sie keine Hexe sei. Sie wurde tagelang gefoltert, gestand schließlich die Beschuldigungen und wurde zum Tode verurteilt.
Am 24. Juli 1738 wurden Helene Curtens und Agnes Olmann wegen „Teufelspakt und Teufelsbuhlschaft, Gotteslästerung, Hostienschändung und Schadenszauber“ zum Tode verurteilt und am Dienstag, den 19. August 1738, in Gerresheim auf dem Scheiterhaufen lebendig verbrannt. An diesem Tag fand die letzte Hexenverbrennung im Rheinland statt.
HEXENVERFOLGUNG IN DEUTSCHLAND
Glaube an Hexerei und magische Praktiken gab es in Europa schon seit der Antike, jedoch wurde dies erst viel später negativ konnotiert und mit Ketzerei verbunden.
Im strafrechtlichen Kontext taucht „Hexerey“ erstmals 1419 in der Schweiz auf. Entgegen der allgemeinen Annahme war die Hexenverfolgung kein Phänomen des „finsteren“ Mittelalters, sondern hatte seine Hochzeit in der Neuzeit zwischen 1450 und 1750, also vor etwa 300 Jahren, anstatt vor 1000 Jahren. In Deutschland wurden schätzungsweise 25.000 Menschen als Hexen erklärt und ermordet. Um das Unerklärliche wie Wetterphänomene, Ernteausfälle, Inflation, Armut, Hungersnöte, Seuchen und hohe Sterblichkeit zu erklären, suchte man nach Sündenböcken und fand sie in Hexen. Beschuldigungen konnte dabei jeder Mensch (meist anonym) erheben, auch die häufigen Anschuldigungen durch Kinder wurde Glauben geschenkt. Da eine Verurteilung nicht ohne Geständnis erfolgte, wurde dieses meist mit grausamen Praktiken aus der betroffenen Person herausgefoltert. In den Gebieten des heutigen Deutschlands wird geschätzt, dass etwa 20 Prozent der Opfer männlich waren. Frauen erhoben besonders häufig Anklagen bezüglich Hexerei, meist gegen Angehörige ihres eigenen Geschlechts. Die letzte legale Hinrichtung einer Hexe in Mitteleuropa fand 1782 in der Schweiz statt. In Deutschland wurde im Jahr 1775 Anna Maria Schweglin als letzte Hexe zum Tode verurteilt. Erst 1995 fand man jedoch heraus, dass das Urteil gar nicht vollstreckt wurde.
AKTUELLER DENN JE
Das Denkmal ist zum einen der Erinnerung und Würdigung beider Frauen gewidmet, zum anderen steht es allgemein für Toleranz gegenüber jenen, die marginalisiert sind oder von der Gesellschaft als „anders“ stigmatisiert und somit als bedrohlich oder weniger wert angesehen werden. Noch heute werden Menschen aufgrund von Zuschreibungen des „Andersseins“ verfolgt, gefoltert und getötet, ob auf Geheiß von Staatsgewalten oder auf individueller Ebene. Das Denkmal ist eine Erinnerung daran, Ungerechtigkeiten anzuerkennen und dafür einzutreten, dass jedem Menschen ein selbstbestimmtes Leben in Würde gewährt wird, unabhängig von Unterschieden und individuellen Merkmalen.
Quellen
Böskens, Clemens Peter, Hexenprozess Gerresheim 1737/38. Die letzte Hexenverbrennung im Rheinland, Düsseldorf 1996. https://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/helena-curtens-/DE-2086/lido/57c68eec2fac60.82356669 http://fkoester.de/denkmaeler/Hexen/index.php